Jeder E-Mail-Nutzer kennt das Problem: Von den täglich im Postfach liegenden Nachrichten sind eine Vielzahl gänzlich unerwünschtes Werbematerial. Noch störender kann dies für Geschäftsbetriebe und Unternehmer sein, weil diese meist eine größere Anzahl sogenannter Spam-Mails erhalten. Der Bundesgerichtshof (BGH) gab dazu im Jahre 2009 eine prägende Entscheidung heraus (Beschluss vom 20.05.2009, Az.: I ZR 218/07), welche das Zusenden von Werbe-E-Mails ohne Einwilligung als einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb einstuft. Daraus ergibt sich für den Betroffenen ein Unterlassungsanspruch gegen den Versender.
Der Fall: Das Gesetz verlangt strenge Voraussetzungen für das Vorliegen eines rechtswidrigen Eingriffs. Aktuell wurde vor dem Landgericht Leipzig ein Streit geführt, in dem der Kläger eine Unterlassungsverfügung gegen eine von uns vertretene Finanzdienstleisterin erwirken wollte, nachdem diese ihm eine Werbe-E-Mail zukommen ließ. Eine ausdrückliche Einwilligung lag unserer Mandantin zwar nicht vor, jedoch gab der Kläger auf einem frei zugänglichen Geschäftsportal im Internet an, u. a. Finanzdienstleister zu suchen. Folglich musste auch mit der Kontaktaufnahme von entsprechenden Anbietern gerechnet werden. Nach der Auffassung des Landgerichts Leipzig lag hier also das Interesse in der konkreten Geschäftsaufnahme mit dem Kläger und nicht etwa in der Beeinträchtigung des Betriebes durch allgemein adressierte Werbung.
Die Entscheidung: Auch wenn der BGH durchaus schon in der einmaligen, unverlangten Zusendung von Werbenachrichten einen Eingriff sieht, so lässt er doch eine solche Interessenabwägung zu. In der heutigen Zeit, in denen das Internet gerade auch im geschäftlichen Bereich eine immer größere Rolle spielt und Geschäftsplattformen einfache und kostengünstige Kontaktaufnahme ermöglichen sollen, bezweckt auch der BGH nicht, dies zu verhindern. Vielmehr sollen Betroffene vor Massennachrichten, an denen sie gar kein Interesse haben, geschützt werden. Dieser Schutz wäre allerdings als missbräuchlich anzusehen, wenn jemand seine eigenen Daten, insbesondere seine geschäftlichen Interessen und Kontaktinformationen, allgemein zugänglich macht, sich im Anschluss aber bereits durch die erstmalige Kontaktaufnahme geschädigt fühlt. Diese Ansicht vertrat im bezeichneten Fall auch das Landgericht Leipzig. Unsere Mandantin durfte aufgrund der öffentlich zugänglichen Informationen über den Kläger davon ausgehen, dass eine Kontaktaufnahme zumindest nicht erkennbar unerwünscht war (LG Leipzig, Az.: 05 O 1926/11).
Fazit: Händler und Dienstleister sollten immer erst die ausdrückliche Einwilligung des Adressaten einholen. Andererseits sollte derjenige, der in öffentlich zugänglicher Weise rege um Kontaktaufnahme wirbt, nicht die Ansicht vertreten, dass diese dem Selbstzweck dient und sich von entsprechenden Angeboten geschädigt fühlen.