Mit dem Ende der Ferien und dem Beginn des neuen Schuljahres hat der Verkehr auf den Straßen wieder deutlich zugenommen. Straßenbahnen und Busse fahren häufiger. Um die Schule bzw. den Arbeitsplatz zu erreichen werden daneben das Fahrrad bzw. das Auto genutzt. Schließlich gehen viele, wenn es die Entfernung zulässt, zu Fuß.
Insbesondere Kinder werden durch diese Situation besonders herausgefordert. Sei es als ABC-Schütze, wenn sie sich erstmals überhaupt alleine im Straßenverkehr zurechtfinden müssen, oder wenn sie sich als Fahrradfahrer oder Nutzer der öffentlichen Verkehrsmittel fortbewegen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, inwieweit Kinder überhaupt verantwortlich gemacht werden können, wenn durch sie ein Verkehrsunfall verursacht wird.
Zunächst gilt, dass Kinder, die das 7. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, überhaupt nicht für einen Schaden haften, den sie einem anderen zufügen. Bei älteren Kindern muss danach unterschieden werden, ob es sich um einen Unfall im motorisierten Verkehr gehandelt hat oder nicht. Kinder, die das 10. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sind für einen Schaden, den sie bei einem Unfall mit Kraftfahrzeugen oder Straßenbahnen einem anderen zufügen nicht verantwortlich, es sei dann, dass sie den Schaden vorsätzlich herbeigeführt haben. Diese Heraufsetzung der Verantwortlichkeit für Kinderunfälle geht auf die psychologische Erkenntnis zurück, dass Kinder aufgrund ihrer physischen und psychischen Fähigkeiten nach Vollendung des 10. Lebensjahres überhaupt erst imstande sind, die besonderen Gefahren des Straßenverkehrs zu erkennen und sich entsprechend diesen Gefahren zu verhalten.
Dieses Haftungsprivileg soll nach der Rechtsprechung dem Kind jedoch nur dann zugute kommen, wenn sich eine typische Überforderungssituation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des autorisierten Verkehrs realisiert hat. Dies ist nicht immer der Fall. So haftet beispielsweise ein 9-jähriger Kickbordfahrer, wenn er einen ordnungsgemäß parkenden Pkw beschädigt, da in diesem Fall nach Ansicht des Gerichts keine Überforderung durch die allgemeinen Gefahren des Straßenverkehrs gegeben war. Gleiches gilt auch für ein 9-jähriges Fahrrad fahrendes Kind. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) in der Vergangenheit mehrfach bestätigt (BGH, Urteil vom 30.11.2004, Az.: VI ZR 335/03 und Urteil vom 21.12.2004, Az.: VI ZR 276/03).
Bei Kindern ab 10 Jahren wird darauf abgestellt, ob das Kind bei der Verursachung des Unfalls die zur Erkennung der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat. Das bedeutet, dass das Kind bzw. der Jugendliche die Fähigkeit haben muss, zu erkennen, dass sein Verhalten Gefahren auslösen und er dafür verantwortlich sein kann. So hat beispielsweise das Oberlandesgericht Bamberg in seinem Urteil vom 09.01.2013 (Az.: 10 U 22/12) darauf hingewiesen, dass ein 11-jähriges Kind, das bei Dunkelheit von rechts zwischen parkenden Fahrzeugen auf die Fahrbahn läuft und in der Folge von einem Pkw erfasst wird, allein haftet. Die Richter wiesen in der Begründung darauf hin, dass die altersgerecht entwickelte 11-jährige Klägerin wusste, dass sie nicht bei Dunkelheit zwischen parkenden Fahrzeugen kurz vor einem herannahenden Pkw die Straße überqueren darf.
Schäden, die ein Kind anderen im Straßenverkehr zufügt, werden, soweit eine Verantwortlichkeit des Kindes festgestellt wird, durch die private Haftpflichtversicherung übernommen. Dies setzt natürlich voraus, dass eine entsprechende Versicherung durch die Eltern abgeschlossen wurde.
Besser ist es, Unfälle von vornherein zu vermeiden, indem man zusammen mit dem Kind beispielsweise den Schulweg abgeht und auf die möglichen Gefahren hinweist.