Haftung bei Verkehrsunfällen: Die Probefahrt mit dem Elektrorollstuhl

Auch beim Besuch eines Sanitätshauses ist Vorsicht geboten, vor allem dann, wenn dort ein elektrischer Rollstuhl zu Probefahrten dargeboten wird. Das OLG Hamm hatte sich in seinem Urteil vom 23.09.2022 (Az.: 7 U 21/21) mit einem Unfall zu befassen, der sich bei der Nutzung eines Elektrorollstuhls ereignet hat.

Der Beklagte saß zu diesem Zeitpunkt auf einem von dem Sanitätshaus ausgestellten und für Probefahrten bereit gehaltenen elektrischen Rollstuhl (sog. "E-Scooter"). Auf seinem Schoß saß – jedenfalls zunächst – der vierjährige Sohn eines Bekannten des Beklagten, der vor Ort ebenfalls einen Informationsstand betrieb. Plötzlich fuhr der elektrische Rollstuhl an und stieß ungebremst gegen die rechte Körperseite der Klägerin, welche hierdurch stürzte und auf die linke Körperseite fiel. Der Rollstuhl fuhr über die Unterschenkel und Füße der Klägerin. Unstreitig ist, dass der Rollstuhl von dem Kleinkind in Gang gesetzt wurde, wobei die Einzelheiten des Vorgangs unter den Parteien streitig geblieben sind.

Der Fahrer des Rollstuhls wurde bereits durch das Landgericht in der I. Instanz zur Zahlung eines Schmerzensgeldes verurteilt. Hiergegen legte dieser jedoch beim Oberlandesgericht Berufung ein, da er der Überzeugung war, den Unfall nicht verschuldet zu haben.

Dieser Auffassung erteilte das Oberlandesgericht jedoch eine eindeutige Absage: Nach Auffassung des Gerichts hatte der Beklagte den Unfall fahrlässig verursacht. Er hätte wissen müssen, dass er den Rollstuhl vor einer unbefugten Bedienung durch Dritte und im konkreten Fall vor dem Zugriff des Kleinkindes, welches er zuvor auf seinem Schoß hatte mitfahren lassen, zu sichern hatte. Dass eine solche Gefahr drohte, wäre für den Beklagten vorhersehbar gewesen, da es durchaus ein typisches Verhalten eines Kleinkindes darstellen würde, den Elektrorollstuhl spielerisch alleine auszuprobieren. Dies hätte der Beklagte vermeiden können, indem er den Rollstuhl nach der Nutzung abgeschaltet hätte.

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