Verkehrsrecht
Der Beifahrer darf eine Blitzer-App benutzen!
Wer ein Fahrzeug führt, darf ein technisches Gerät nicht betreiben oder betriebsbereit mitführen, das dafür bestimmt ist, Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anzuzeigen oder zu stören. Das gilt insbesondere für Geräte zur Störung oder Anzeige von Geschwindigkeitsmessungen (Radarwarn- oder Laserstörgeräte). Bei anderen technischen Geräten, die neben anderen Nutzungszwecken auch zur Anzeige oder Störung von Verkehrsüberwachungsmaßnahmen verwendet werden können, dürfen die entsprechenden Gerätefunktionen nicht verwendet werden.
Laut Bußgeldkatalog (BkatNr. 247) wird die Zuwiderhandlung mit 75,00 Euro Bußgeld geahndet und es gibt einen Punkt in Flensburg. Gilt das Verbot auch für Beifahrer, wie es der MDR beispielweise meldet oder der Spiegel in Spiegel Netzwelt titelt (am 20.02.2023, Blitzer-Apps auch für Beifahrer verboten)?
Nein, ist die klare Antwort. Der Beifahrer oder ein anderer Fahrzeuginsasse darf mit seinem Mobiltelefon tun und lassen, was er will. In die Gefahr eines Bußgeldes oder gar eines Punktes in Flensburg kann er nie geraten. Die Vorschrift richtet sich immer und ausschließlich an den Fahrer. Er darf ein zur Warnung vor Verkehrsüberwachungsmaßnahmen geeignetes Gerät nicht benutzen. Unklar war bislang nur, was alles unter Benutzung durch den Fahrer zu verstehen war und wessen Geräte damit gemeint waren.
Der Einwand, es handele sich gar nicht um das eigene Handy, sondern um das des Beifahrers, lag für viele Betroffene bei einer Kontrolle wohl nahe. Und auch im vom OLG Karlsruhe entschiedenen Fall ging es um diese Konstellation. Das Ergebnis überrascht aber nicht. Man stelle sich vor, das Handy mit der geöffneten fraglichen App befindet sich in einer Halterung oder es liegt im Sichtbereich des Fahrers. Ganz klar – das ist nicht erlaubt. Genauso klar sollte das Verbot auch sein, wenn sich das Handy des Fahrers mit geöffneter App nicht in einer Halterung, sondern in der Hand des Beifahrers befindet. Bei dieser Konstellation sind wir aber nicht mehr weit von dem Fall entfernt, dass es sich nicht um das Handy des Fahrers, sondern um das Handy des Beifahrers handelt.
Das OLG Karlsruhe macht nun zwischen den Varianten erwartungsgemäß keinen Unterschied. Auf das Eigentum am Gerät oder an der Software (Blitzer-App) kommt es nicht an. Entscheidend ist nur, dass sich der Fahrer das Angebot nutzbar macht. Das setzt aber voraus, dass er davon überhaupt weiß (geöffnet mit Billigung des Fahrzeugführers!) und das Angebot nutzt. Das OLG konnte davon ausgehen, denn das vorgehende Amtsgericht hatte festgestellt, dass das Handy der Beifahrerin in der Mittelkonsole lag und der Fahrer auch wusste, dass die Blitzer-App geöffnet war. Ein „Verwenden“ im Sinne der oben zitierten Vorschrift liege auch dann vor, wenn sich der Fahrer die verbotene Funktion zunutze macht, so das OLG. Man wird diese Interpretation auch auf Fälle ausdehnen können, in denen nur der Beifahrer die App im Blick behält und nicht die App selbst durch Geräusche warnt, sondern der Beifahrer mit Hinweisen.
Letztendlich ist es am Ende eine Beweisfrage, die auch aufgrund von Indizien zu Lasten des Fahrers beantwortet werden kann. Solche Fälle werden vermutlich aber selten bleiben, weil es oft schon an der Feststellung solcher Indizien mangelt. Aber: Der Einwand „Isch habe aber gar kein Handy“ zieht allein jedenfalls nicht mehr.
Hat Ihnen der Beitrag gefallen? Dann teilen Sie ihn doch mit anderen: