Verkehrsrecht
Das übersehene 30er Schild und der Blitzer in Pillnitz
An dieser Stelle kommt daher meist auch der Einwand, die 30er Beschilderung übersehen zu haben. Dabei gibt es zwei Konstellationen:
- Wer aus der Wollnerstraße herausfährt und ortsunkundig ist, erfährt von der Beschränkung auf 30 km/h nur durch das unmittelbar vor der Messstelle gelegene 30er Schild an der Hausecke. Beim Einbiegevorgang kann wegen der Konzentration auf den von Pillnitz kommenden Verkehr das Schild leicht übersehen werden, da man nach dem Einbiegen nur noch wenige Meter darauf zufährt. Aber es ist auch in dieser Situation objektiv zu erkennen.
- Wer aus Richtung Pillnitz kommt, fährt schon an dem ersten Schild vorbei, das eventuell wegen des Bewuchses nicht in voller Pracht zu sehen ist. Aber, daran lässt sich nicht zweifeln, es ist mit Fragmenten so gut zu sehen, dass man bei genauem Hinsehen natürlich die Bedeutung erkennt. Und danach kommt schließlich noch das Schild an der Hausecke ca. 14 Meter vor dem Blitzer, das aus Richtung Pillnitz gut zu sehen ist.
Die Argumentation gegen den Bußgeldbescheid, der eventuell sogar ein Fahrverbot beinhaltet, stützt sich auf die schlechte Erkennbarkeit der Beschilderung und noch etwas auf die kurze Entfernung zwischen zweitem Schild und Messanlage.
Wer hier mit einem Fahrverbot bedroht ist, ist entweder mindesten 31 km/h zu schnell gewesen, also mindestens 61 km/h gefahren oder er hatte schon eine vorherige Geschwindigkeitsüberschreitung in Flensburg eingetragen, so dass der Wiederholungsfall mit mindestens 26 km/h auch zu einem Fahrverbot führt. Die Geschwindigkeit muss dann also mindestens 56 km/h betragen haben. In beiden Fällen ist auch die innerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h deutlich überschritten.
In der Rechtsprechung zu Fahrverboten gibt es den Grundsatz, dass bei einem Augenblicksversagen ausnahmsweise vom Fahrverbot abgesehen werden kann. Eine typische Fallgestaltung dafür könnte beispielweise das Mitziehen an einer roten Ampel sein, wenn nur für die andere Fahrtrichtung auf Grün geschaltet wird, nicht aber für die eigene. Theoretisch kann daher auch das Übersehen eines nur einmal aufgestellten Verkehrszeichens auf einem Augenblicksversagen beruhen.
Fazit: Wie groß ist damit die Chance, mit der beschriebenen Argumentation das Fahrverbot abwenden zu können? – Eher klein, sagt das Kammergericht Berlin:
Es müsse als zweifelhaft gelten, dass sich ein Kraftfahrer auf Augenblicksversagen berufen kann, der nicht einmal die innerorts üblicherweise geltende Geschwindigkeitsbegrenzung einhält, wie in den beiden Beispielfällen mit 6 bzw. 11 km/h Überschreitung (KG Berlin, Beschluss vom 27.02.2023, in: zfs 2023, 351).
Hat Ihnen der Beitrag gefallen? Dann teilen Sie ihn doch mit anderen: