Der BGH hatte darüber zu entscheiden, ob der Frachtführer haftet, wenn der Lkw beladen wird, der Fahrer sich in währenddessen im Führerhaus aufhält und daher bei dem eigentlichen Beladevorgang nicht mit zugegen war. Bevor der Lkw verschlossen wurde, begab der Fahrer sich in das Büro des Lagers und unterschrieb dort die ihm vorgelegte Ladeliste. Ohne die Ladung kontrolliert zu haben verschloss er anschließend den Lkw und trat die Weiterfahrt an. Bei der Entladung fehlte eines der auf der Ladeliste aufgeführten Päckchen. Es konnte nicht aufgeklärt werden, wo das Päckchen verloren gegangen war.
Der BGH verurteilte den Frachtführer zu vollem Schadenersatz wegen Verlustes der Ladung nach Art. 17 CMR. Außerdem kommt nach Ansicht der Richter auch eine unbeschränkte Haftung nach Art. 29 CMR in Betracht, weil das Verhalten des Fahrers als leichtfertig im Sinne dieser Vorschrift gewertet werden könne. Beim Beladen müsse im Sinne einer sonst auch üblichen Schnittstellenkontrolle ein Abgleich zwischen Ladung und Ladeliste erfolgen. Nach Übernahme der Ladung beginnt die sogenannte Obhutshaftung des Frachtführers. Die Übernahme der Ladung sah der BGH bereits als gegeben an, als der Lkw fertig beladen war und nicht erst dann, als das Fahrzeug endgültig verschlossen wurde.
Die Beweiswirkung der durch den Fahrer unterzeichneten Übernahmequittung kann zwar erschüttert werden. Dieser Einwand ist dem Frachtführer jedoch verwehrt, wenn sein Fahrer die Quittung blind ohne die ihm tatsächlich mögliche Kontrolle unterschrieben hat. Im Ergebnis muss der Frachtführer daher damit rechnen, bei Ladungsschäden in voller Höhe in Anspruch genommen zu werden.