Wer hat Anspruch auf Mütterrente?

„Der Zuschlag für ältere Frauen ist noch gar nicht Gesetz, sorgt aber bereits für viele Fragen. Antworten gab es gestern am SZ-Telefon. [Anm. d. Red.: SZ-Telefon-Forum vom 12.02.2014]
Von Gudrun Buhrig

Ab Juli gibt's für ältere Mütter mehr Rente. Dann können Frauen, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, mit knapp 26 Euro im Osten bzw. gut 28 Euro im Westen rechnen. Aber wer tatsächlich Anspruch hat, ob nur Frauen etwas davon haben und ob für die Rente ein Antrag nötig ist, darüber bestehen große Unsicherheiten. Beim gestrigen SZ-Telefonforum konnten die Leser ihre Fragen stellen, zudem gingen unzählige E-Mails ein. Rentenexperten aus Dresden beantworteten zwei Stunden lang und ohne Pause die Fragen. Lesen Sie hier eine Zusammenfassung.

Ich bin Jahrgang 1944 und habe in den 60er-Jahren zwei Kinder geboren. Bekomme ich die Mütterrente?
Diejenigen, die am 30. Juni dieses Jahres schon eine Rente beziehen - und dazu gehören Sie ja - erhalten einen pauschalen Zuschlag zur Rente. Er beträgt für jedes Kind einen persönlichen Entgeltpunkt. Im Westen macht das 28,14 Euro mehr, im Osten 25,74 Euro.

Meine Söhne sind 1969 und 1971 geboren. Bis auf vier Monate unbezahlte Freistellung für beide Kinder habe ich bis zur Rente voll gearbeitet. Wirkt sich das auf die Mütterrente aus?
Da Sie bereits eine Rente beziehen, erhalten Sie den Zuschlag für jedes Kind. Das ist unabhängig davon, ob und wie lange Sie nach der Geburt zu Hause waren. Es spielt auch keine Rolle, ob Sie einen Voll- oder Teilzeitjob hatten oder in Heimarbeit tätig waren. Auch Mütter, die Ihre Kinder während des Studiums bekommen haben, zählen zu den Anspruchsberechtigten.

Meine Mutter ist 87 Jahre, hat drei Kinder und ist schon Urgroßmutter. Gibt es eigentlich eine Altersgrenze?
Nein, es gibt keine Altersgrenze. Selbst Urgroßmütter haben Anspruch auf Mütterrente für ihre Kinder.

Wirkt sich die Mütterrente auf die Witwenrente meiner Mutter aus?
Ja, die zusätzliche Rente wird auf die Witwenrente angerechnet. Allerdings steht der Witwe für ihr Einkommen ein Freibetrag von 679,54 Euro im Monat zu. Erst wenn dieser überschritten ist, werden vom Überschuss 40 Prozent auf die Witwenrente angerechnet.

Mein Sohn ist 1978 geboren, und ich bin gleich nach der Geburt wieder arbeiten gegangen. Was bedeutet das für mich, wenn ich 2017 in Rente gehe?
Bei Ihnen greift diese pauschale Regelung nicht. Sie sind benachteiligt. Wären Sie bei ihrem Kind zwei Jahre zu Hause geblieben, bekämen Sie den Mütterpunkt voll gutgeschrieben. Dies tritt jedoch nicht ein, wenn Sie während der Kindererziehung gearbeitet haben. Dann werden Kindererziehungszeiten nur bis zu einer Höchstgrenze berücksichtigt. In Ihrem Fall - für das Jahr 1978 - heißt das: Wenn Sie damals weniger als 6 130 Mark brutto im Jahr verdient haben, wird die Mütterrente voll berücksichtig, ansonsten nur anteilig. Lag Ihr beitragspflichtiger Jahresverdienst sogar über 15 200 Mark brutto, gehen Sie leer aus. Wahrscheinlich wird diese Ungleichbehandlung noch von Gerichten beurteilt werden müssen.

Meine Frau ist 54 Jahre und bezieht seit sechs Jahren eine Erwerbsminderungsrente. Wir haben zwei Kinder. Bekommt meine Frau jetzt schon die Mütterrente?
Ja, Ihre Frau erhält jetzt schon die Mütterrente. Denn es gibt keine Unterschiede zwischen Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrente.

Meine Frau ist 1996 gestorben. Wir haben zwei Kinder, Jahrgang 1969 und 1970. Wirkt sich das auf meine Witwerrente aus?
Ja, auch für die Berechnung der Witwerrente werden die Zuschläge für die Kindererziehung angerechnet. Sie erhalten 60 Prozent der Beträge, die für die Altersrente gelten. Das heißt, wenn es für ein Kind rund 25,74 Euro gibt, bekommt der Witwer 15,44 Euro.

Zurzeit arbeite ich in Altersteilzeit und will im Dezember mit 65 Jahren in Altersrente gehen. Gilt die Mütterente auch für mich?
Da Ihre Rente ab dem 1. Juli beginnen wird, erhalten Sie nach neuem Recht anstatt zwölf Monate Kindererziehungszeit 24 Monate anerkannt. Das ist unabhängig davon, ob Sie voll gearbeitet haben, in Altersteilzeit sind oder arbeitslos waren.

Meine Mutter ist 80 Jahre. Sie hat sechs Kinder geboren. Bekommt sie für alle auch die Mütterrente?
Ja, Ihre Mutter erhält für jedes Kind eine neue pauschale Gutschrift von einem Entgeltpunkt. In Euro sind das jeweils 25,74 Euro.

Ich habe drei Kinder geboren. Mein zweites ist gestorben. Habe ich auch für dieses einen Anspruch auf die Rente?
Es kommt darauf an, wie lange Ihr Kind gelebt hat. Ist es bereits nach wenigen Tagen gestorben, gibt es keine Mütterrente. Hat es am Ende des zwölften Monats nach der Geburt noch gelebt, wird die Mütterrente gezahlt.

Meine beiden ersten Kinder sind in Dresden geboren, das dritte in Köln. Seit 2013 bin ich Rentnerin und lebe wieder in meiner alten Heimat. Bekomme ich die West- oder Ostzuschläge?
Ob Mütterrente gezahlt wird, richtet sich danach, wo die Kinder im ersten Lebensjahr erzogen wurden. In Ihrem Fall bekommen Sie für zwei Kinder die 25,74 Euro und für das Kind, das in Köln erzogen wurde, die 28,14 Euro.

Betrifft die Mütterrente nur Mütter oder auch Väter? Wir sind seit 2000 geschieden. Von diesem Zeitpunkt an lebte unser Sohn - bis er ausgelernt hatte - bei mir.
Entscheidend ist, in welchem Haushalt das Kind in den ersten beiden Lebensjahren gewohnt hat. War Ihr Sohn zu diesem Zeitpunkt schon älter, wird die Mütterrente bei Ihnen nicht berücksichtigt. Unerheblich ist, wie lange ein Kind bei seinem Vater lebt.

Ich bin zum zweiten Mal verheiratet. Mit meiner ersten Frau, die gestorben ist, habe ich zwei Kinder. Wie ist das in meinem Fall?
Da Sie aus dem Versicherungsverhältnis Ihrer ersten Frau nach der Heirat keine Hinterbliebenenrente mehr beziehen, können die Kinder nicht für die Mütterrente berücksichtigt werden.

Im Internet werden Anträge auf Mütterrente veröffentlicht. Ich bin unsicher, ob ich einen Antrag stellen muss.
Nein, die neue Rente kommt automatisch. Es ist ein Rätsel, wie diese Anträge ins Internet gekommen sind. Es existieren keine Vordrucke der Deutschen Rentenversicherung.

Wir haben zwei eigene und ein Pflegekind. Gibt es die Mütterrente auch für das Pflegekind?
Es kommt darauf an, wie alt das Kind war, als es in Ihre Familie kam. Es muss vor dem ersten Geburtstag gewesen sein. Denn dann werden Erziehungszeiten für das Pflegekind angerechnet, und damit gibt es auch für dieses Kind Mütterrente.

Ich bin Jahrgang 1950 und beziehe zwei Renten - die gesetzliche und eine Rente von der Sächsisch-Thüringischen Apothekerversorgung. Wird sich die Mütterrente für jede einzeln auswirken?
Diese Neuregelung betrifft ausschließlich die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung. Für andere Versorgungssysteme existieren eigene Satzungsreglungen.

Wird der Beitrag zur Krankenversicherung bei der Mütterrente abgezogen?
Ja, von dem pauschalen Zuschlag von 25,74 Euro für jedes Kind werden 10,25 Prozent für die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung abgezogen. Das heißt, es bleiben rund 22 Euro unterm Strich übrig.

Bekomme ich eine Nachzahlung für die vergangenen Jahre?
Nein, rückwirkend soll das Gesetz nicht gelten. Die erste Auszahlung erfolgt ab dem 1. Juli.

Wann ist denn mit der Veröffentlichung des Gesetzes zu rechnen?
Es stimmt, das Gesetz ist noch nicht verabschiedet, aber auf dem Weg. Noch muss es durch Bundesrat und Bundestag. Ein genauer Zeitpunkt ist deshalb gegenwärtig nicht absehbar. Allerdings soll die Neuregelung am 1. Juli in Kraft treten.

Ich wurde 1996 von meiner Frau geschieden. Wirkt es sich auf den Versorgungsausgleich aus, wenn meine Ex-Frau die Mütterrente erhält?
In bestimmten Fällen kann die Erhöhung des Rentenanspruchs durch die Mütterrente eine Abänderung des Versorgungsausgleichs zur Folge haben. Dazu müssen Sie einen Abänderungsantrag beim Familiengericht stellen.

Hier gibt's Rat

  • Beratungsstellen der Deutschen Rentenversicherung gibt es in Dresden, Bautzen, Kamenz, Hoyerswerda, Görlitz, Weißwasser, Zittau, Pirna, Großenhain, Riesa und Oschatz.
  • Termine und Infos gibt es über das kostenlose Servicetelefon: 0800 1000 480 90
  • Die Beratungsstelle in Ihrer Nähe finden Sie im Internet unter:

web www.deutsche-Rentenversicherung.de
web Rechtsberatung: www.rentenberatung-lindner.de, www.dresdner-fachanwaelte.de

Die Fragen beantworteten: Christian Lindner, Rentenberater in Dresden, Katrin Schulze-Ansorge, Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland, und Matthias Herberg, Fachanwalt für Sozialrecht in Dresden.“

Quelle: Sächsische Zeitung vom 13.02.2014, S. 22

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