COVID-19: Anerkennung als Berufskrankheit BK 3101 und als Arbeitsunfall

Der Arbeitsplatz in einer Arztpraxis, einem Krankenhaus oder Labor gilt als möglicher Ort der Übertragung von Covid-19. Aber auch außerhalb des Gesundheitsdienstes kann eine COVID-19-Erkrankung als Arbeitsunfall gelten, wenn die Infektion am Arbeitsplatz stattgefunden hat.

Es bedufte keiner neuen Regelungen, um eine Anerkennung der Erkrankung an COVID-19 als Berufskrankheit oder Arbeitsunfall zu erreichen. Am Arbeitsplatz ist jeder abhängig Beschäftigte kraft Gesetzes in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Wer selbständig tätig ist, hat in der Regel die Möglichkeit, sich freiwillig zu versichern.  

Berufsgruppen der Berufskrankheit COVID-19 – Wer zählt dazu?

Die Berufskrankheit (BK) 3101 umfasst:

„… Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war …“

Für die Tätigkeit in einer Arztpraxis, einem Krankenhaus oder Labor besteht zunächst kein Zweifel daran, dass es sich hier um eine Einrichtung des Gesundheitsdienstes handelt. Geschützt ist hier also das gesamte Personal, weil in der Regel das Infektionsrisiko für alle erhöht ist.

Zur Wohlfahrtspflege zählen unter anderem Erzieher in Kinderbetreuungseinrichtungen.

Aber auch Beschäftigte, die durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt waren, wie etwa Beschäftigte, die körpernahe Dienstleistungen (z. B. Friseure, Optiker) erbringen oder Tätigkeiten verrichten, die mit unmittelbarem Körperkontakt verbunden sind (z. B. Mitarbeiter im Sicherheitsdienst), zählen in die Berufsgruppe, für die eine Covid-19 Erkrankung als Berufskrankheit in Frage kommt.

Wie auch sonst in der gesetzlichen Unfallversicherung muss die versicherte Tätigkeit die rechtliche wesentliche Ursache für die Exposition gegenüber einer besonders erhöhten Infektionsgefahr sein.

Bislang wurde hier auf den Durchseuchungsgrad der kontaktierten Personen und Objekte abgestellt. Das Übertragungsrisiko richtet sich dabei nach den Übertragungswegen und den Einzelheiten der gefährdenden Verrichtungen (Art, Dauer, Häufigkeit etc.). Je höher das spezifische Übertragungsrisiko ist, desto niedriger darf der Durchseuchungsgrad sein.

Wenn diese Voraussetzungen vorliegen, wird angenommen, dass diese Gefahrenlage die Infektion zur Folge gehabt und die Infektionskrankheit rechtlich wesentlich verursacht hat. Etwas anderes gilt nur dann, wenn dieser Zusammenhang ausgeschlossen ist, etwa weil die Inkubationszeit nicht passt oder eine außerberufliche Ursache feststeht.

Welche Grundsätze gelten für COVID-19 als Berufskrankheit?

Unter Beachtung dieser Grundsätze aus der Rechtsprechung wird nun auch jede gemeldete COVID-19- Infektion zu beurteilen sein.

Unproblematisch werden dabei die Fälle sein, in denen nachweisbar ein Kontakt mit einer infizierten Person im Rahmen der beruflichen Tätigkeit bestanden hat. Dies kann sowohl ein Patient gewesen sein, als auch ein Arbeitskollege. Auch muss die eigene Erkrankung durch den Virus durch einen PCR-Test nachgewiesen sein.

Ob relevante Krankheitserscheinungen dadurch eingetreten sind, ist aus meiner Sicht zunächst nachrangig, da derzeit in keinster Weise vorausgesagt werden kann, welche möglichen Langzeitfolgen durch die Infektion eintreten können (Long-COVID).

Zum Übertragungsrisiko – Nachweis einer Gefahrenlage

Wenn sich ein solcher konkreter Kontakt mit einer infizierten Person nicht nachweisen lässt, wird zu prüfen sein, ob hier eine solche Gefahrenlage vorgelegen hat, die eine Infektion zur Folge gehabt haben kann. Es müsste dann also ein spezifisches Übertragungsrisiko bestanden haben, nachdem dann die Infektionskrankheit rechtlich wesentlich verursacht worden ist.

Nach der Rechtsprechung muss also nicht zwingend der Nachweis des Kontaktes mit einer infizierten Person geführt werden, wenn ein besonderes Übertragungsrisiko im Rahmen der beruflichen Tätigkeit bestanden hat.

Ob ein solches besonderes Übertragungsrisiko für eine Arztpraxis, ein Krankenhaus, eine sonstige Einrichtung des Gesundheitsdienstes oder auch andere Unternehmen angenommen werden kann, ist bislang noch nicht geklärt.

COVID-19: Anerkennung als Arbeitsunfall

Wichtig ist in jedem Fall die Meldung des Vorliegens einer möglichen Berufskrankheit 3101 an die Berufsgenossenschaft bzw. Unfallkasse. Fristen für die Meldung existieren nicht, jedoch sollte nicht zu lange gezögert werden, da Feststellungen umso schwieriger sind, je länger die Infektion zurückliegt.

Auch wenn möglicherweise die Infektion symptomfrei verlaufen ist, sollte eine Meldung erfolgen, da derzeit Langzeitfolgen wohl nicht ausgeschlossen werden können (Stichwort Long-COVID-Syndrom).

Achtung: Auch Schüler sind in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert, weshalb auch hier eine Anzeige erfolgen kann.

Eine Anerkennung als Arbeitsunfall kommt dann in Betracht, wenn außerhalb des beschriebenen Tätigkeitsbereiches ein situativer beruflicher Kontakt zu einem infizierten Menschen vorgelegen hat.

Die Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung umfassen die gesamte Krankenbehandlung und die Rehabilitation. Für den Fall einer bleibenden Minderung der Erwerbsfähigkeit wird ab einer Einschränkung von 20 % eine dauerhafte Verletztenrente bezahlt.

Fazit: Holen Sie sich Unterstützung!

Ob eine COVID-19 Infektion also eine Berufskrankheit ist oder als Arbeitsunfall gewertet werden kann, hängt stark vom Einzelfall und von der ausgeübten Tätigkeit ab. Haben Sie Probleme mit Ihrer Berufsgenossenschaft? Oder erkennt die Unfallversicherung die Folgen Ihres Arbeitsunfalls nicht an? Als Fachanwalt für Medizinrecht und für Sozialrecht steht Ihnen Rechtsanwalt Matthias Herberg mit vertieftem Fachwissen gern zur Seite.

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