Ein solcher Fall beschäftigte jüngst den BGH (Az.: VIII ZR 35/19 v. 02.09.2020).
Das Mietverhältnis war zwischen dem Mieter und dem Vater der jetzigen Vermieter begründet worden. Der Vater übertrug das Objekt an seinen Sohn und dessen Ehefrau, die da aber bereits in Trennung lebten. Die Ehe wurde später geschieden, die gemeinsamen Kinder der beiden Ehegatten zogen zunächst mit der Mutter aus. Die beiden (getrennten) Ehegatten kündigten dann das Mietverhältnis gemeinsam wegen Eigenbedarfs für die (Ex-)Ehefrau und die gemeinsamen Kinder.
Der Eigenbedarf war hier zunächst nicht das Problem, da die (Ex-)Ehefrau als (Mit-)Eigentümerin ja noch im Grundbuch stand und durch die Rechtsprechung anerkannt ist, dass der Eigenbedarfswunsch auch nur eines Miteigentümers für die Eigenbedarfskündigung herangezogen werden kann.
Das Problem lag in § 577a Abs. 1 S. 1 BGB. Nach § 577a Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 BGB gilt die Kündigungsbeschränkung des § 577a Abs. 1 BGB, wonach sich ein Erwerber, wenn an vermieteten Wohnräumen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet und das Wohnungseigentum veräußert worden ist, erst nach Ablauf von drei Jahren seit der Veräußerung auf berechtigte Interessen im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2 oder Nr. 3 BGB (Tatbestände des Eigenbedarfs oder der wirtschaftlichen Verwertung) berufen kann, entsprechend, wenn vermieteter Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter an eine Personengesellschaft oder an mehrere Erwerber veräußert worden ist. Genau das war der Fall.
Allerdings hat die Vorschrift eine Rückausnahme für den Fall, dass die Veräußerung innerhalb derselben Familie erfolgt. Das war hier strittig, da die Ehepartner während der Übertragung bereits getrennt und ein Scheidungsantrag gestellt waren.
Der BGH hat insbesondere dem Letzteren keine Bedeutung geschenkt und ausgeführt:
„Die Privilegierung von Familien- und Haushaltsangehörigen in § 577a Abs. 1a Satz 2 BGB ist bei der Einfügung des § 577a Abs. 1a BGB durch das Gesetz über die energetische Modernisierung von vermietetem Wohnraum und über die vereinfachte Durchsetzung von Räumungstiteln (Mietrechtsänderungsgesetz) vom 11. März 2013 (BGBl. I S. 434) der Regelung des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB nachgebildet worden (BT-Drucks. 17/10485, S. 26). Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers soll zur Auslegung der Vorschrift auf die zu § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden (BTDrucks., aaO).
Als Anknüpfungspunkt dafür, wie weit der Kreis der Familienangehörigen in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB zu ziehen ist, hatte der Senat zuvor bereits in seinem Urteil vom 27. Januar 2010 (Az.: VIII ZR 159/09, BGHZ 184, 138 Rn. 22) die Wertungen der Regelungen über ein Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen herangezogen. Diese konkretisieren mit Rücksicht auf eine typisierte persönliche Nähebeziehung den Kreis privilegierter Familienangehöriger, und zwar unabhängig davon, ob tatsächlich eine persönliche Bindung besteht (vgl. Senatsurteil vom 27. Januar 2010, Az.: VIII ZR 159/09, aaO). Damit sind diejenigen Personen, denen das Prozessrecht ein Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen gewährt, unabhängig vom Vorliegen eines konkreten, tatsächlichen Näheverhältnisses, Familienangehörige gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB (Senatsurteil vom 27. Januar 2010, Az.: VIII ZR 159/09, aaO), zu deren Gunsten eine Eigenbedarfskündigung ausgesprochen werden kann. Hierunter fallen Ehegatten auch dann, wenn sie getrennt leben, ein Scheidungsantrag bereits eingereicht oder die Scheidung vollzogen ist. Denn gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 2 ZPO (ebenso nach § 52 Abs. 1 Nr. 2 StPO) ist ein Ehegatte selbst dann zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt, wenn die Ehe nicht mehr besteht.
Für den Begriff des Familienangehörigen gemäß § 577a Abs. 1a Satz 2 BGB gilt dasselbe; auch insoweit ist der Ehegatte unabhängig vom Fortbestand der Ehe Familienangehöriger, so dass die Sperrfrist bei Erwerb durch Ehegatten oder geschiedene Ehegatten nicht eingreift.“
Fazit: Im Ergebnis konnte daher wirksam wegen Eigenbedarfs gekündigt werden. Aus Sicht der Eigentümer hatte die Ehe damit, auch wenn sie gescheitert war, noch ein Gutes.