BGH erleichtert Mieterhöhungen

Vielen ist bekannt, dass das Gesetz im laufenden Wohnraummietverhältnis dem Vermieter die Möglichkeit gibt, die Miete unter bestimmten Voraussetzungen auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete anzuheben. Häufig verwendete Begründungsmittel für das Erhöhungsverlangen sind der Mietspiegel aber auch spezielle Sachverständigengutachten. Liegt in einer Gemeinde ein sog. qualifizierter Mietspiegel vor, so kommt diesem sogar im Prozess die Vermutung zu, dass er die ortsübliche Vergleichsmiete richtig widergibt. Bis Februar 2010 besaß Dresden einen solchen qualifizierten Mietspiegel. Mittlerweile hat er diese Qualifikation verloren, weil er nicht rechtzeitig neu aufgestellt wurde. Er ist nur noch ein einfacher Mietspiegel, der nicht zwangsläufig die ortsübliche Vergleichsmiete richtig widergeben muss.

Vor diesem Hintergrund sind zwei Entscheidungen des BGH (Bundesgerichtshof) interessant:
 

  • Urteil vom 19. Mai 2010 – VIII ZR 122/09

Der BGH hat sogenannte "Typengutachten" als Begründungsmittel für Mieterhöhungen dem Grunde nach anerkannt. Ein „Typengutachten“ bezieht sich nicht unmittelbar auf die Wohnung der konkreten Mieter, sondern auf andere, nach Größe und Ausstattung vergleichbare Wohnungen. Der BGH entschied, dass im Falle der Beifügung eines Sachverständigengutachtens die Begründungspflicht erfüllt ist, wenn der Sachverständige eine Aussage über die tatsächliche ortsübliche Vergleichsmiete trifft und die zu beurteilende Wohnung in das ortsübliche Preisgefüge einordnet. Auch ein so genanntes Typengutachten versetzt den Mieter in die Lage, der Berechtigung des Erhöhungsverlangens nachzugehen und diese zumindest ansatzweise zu überprüfen. Die zur Begutachtung herangezogenen Wohnungen können auch – wie im entschiedenen Fall – aus dem eigenen Bestand des Vermieters stammen.
Gerade Letzteres macht es für Vermieter größerer Wohnungsbestände interessant, sich mit eigenen Gutachten zu versehen und so separate Vergleichsmieten ermitteln zu lassen, zumal die Datenbasis des bisherigen Dresdner Mietspiegels recht begrenzt ist.
 

  • Urteil vom 16. Juni 2010 – VIII ZR 99/09

Einige Gemeinden und Städte im Dresdner Umland (wie etwa Freital) besitzen keinen eigenen Mietspiegel, was Vermieter regelmäßig vor das Dilemma stellt, entweder drei Vergleichswohnungen benennen oder ein Gutachten beauftragen (und im Prozess in jedem Falle die Kosten für ein Sachverständigengutachten vorschießen) zu müssen. Die Bezugnahme auf einen Mietspiegel der Nachbargemeinde kann da schon praktisch sein. Die Frage ist aber, ob sich die „Ortsüblichkeit“ auch aus dem Mietniveau der Nachbargemeinde ergeben kann.
Der BGH hat dies bejaht, weil beide Städte, wie der Sachverständige ausgeführt hat, unter anderem im Hinblick auf das Mietniveau vergleichbar sind.
Der Bundesgerichtshof hat weiter entschieden, dass auch der einfache Mietspiegel ein Indiz für die richtige Widergabe des Mietniveaus darstellen kann. Das gelte auch dann, wenn der einfache Mietspiegel, wie im entschiedenen Fall, nicht von der Gemeinde, sondern gemeinsam von Interessenvertretern der Mieter und Vermieter erstellt wurde. Ob diese Indizwirkung im Einzelfall zum Nachweis der Ortsüblichkeit der verlangten Miete ausreicht, hängt davon ab, welche Einwendungen der Mieter gegen den Erkenntniswert des Mietspiegels erhebt. Trägt er etwa substantiiert vor, den Verfassern habe es an der erforderlichen Sachkunde gefehlt oder sie hätten sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen oder unzureichendes Datenmaterial verwendet, muss das Gericht dem nachgehen. Bleiben danach Zweifel an der Verlässlichkeit des Mietspiegels, so ist die Indizwirkung erschüttert. Der Vermieter muss dann anderweitig Beweis für seine Behauptung antreten, die von ihm verlangte Miete liege innerhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete.
Die Entscheidung ermöglicht auch kleineren Vermietern, zunächst ohne größeren finanziellen Aufwand, im Vorfeld einer Mieterhöhung eine solche durchzuführen. Das Risiko, im Prozess einen Sachverständigen zumindest im Vorschusswege bezahlen zu müssen, damit dieser feststellt, dass das Mietniveau gleich ist, bleibt aber dennoch bestehen.

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