Folgender Sachverhalt liegt in diesem Fall vor: Der Schuldner bewohnt auf Grund eines Dauernutzungsvertrages eine genossenschaftliche Wohnung und ist zugleich Mitglied der Genossenschaft. Hinsichtlich einer Mitgliedschaft ist die Satzung der Wohnungsgenossenschaft maßgeblich. Diese sieht regelmäßig den Erwerb von Geschäftsanteilen vor. In diesem Zusammenhang wird auf die Ausführungen in unserem Newsletter Nr. 4 vom April 2008 verwiesen.
In der Literatur bestehen zu dieser Problematik unterschiedliche Auffassungen. Gerichtliche Entscheidungen wie die Urteile des Landgerichts Berlin (Urteil vom 29.11.2007, Az.: 51 S 253/07) und des Amtsgerichts Dortmund (Urteil vom 06.12.2006, Az.: 124 C 9582/06) haben ein Kündigungsrecht des Insolvenzverwalters verneint. Als Begründung wurde u. a. angeführt, dass der § 109 Absatz 1 Satz 2 InsO analog anzuwenden sei. Vor diesem Hintergrund haben Wohnungsgenossenschaften eine Kündigung der Mitgliedschaft eines insolventen Mitglieds durch den Insolvenzverwalter bislang für unwirksam erklärt und damit den Abfluss finanzieller Mittel verhindert.
Zu dieser Problematik hat nun der Bundesgerichtshof am 19.03.2009 Az.: IX ZR 58/08 eine Entscheidung getroffen. Demzufolge kann der Insolvenzverwalter die Mitgliedschaft des Schuldners in einer Wohnungsgenossenschaft kündigen, um den zur Insolvenzmasse gehörenden Anspruch des Schuldners – nämlich die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens – zu realisieren und diese finanziellen Mittel der Insolvenzmasse zuzuführen. Das insolvenzrechtliche Kündigungsverbot sei nicht anwendbar. § 109 Absatz 1 Satz 2 InsO gilt allenfalls für das Dauernutzungsverhältnis. Beide Rechtsverhältnisse sind voneinander zu unterscheiden.
Vorliegend nimmt der Insolvenzverwalter als Treuhänder seine Befugnisse wahr. Ob diese Entscheidung auch für den Fall einer Kündigung eines einzelnen Gläubigers des Schuldners nach § 66 GenG anzuwenden ist, bleibt offen.
Auf Grund des Verlustes der Mitgliedschaft (Kündigung Mitgliedschaft durch den Insolvenzverwalter) kann es in der Folge zu einer Beendigung des Dauernutzungsverhältnisses kommen. Zweck der Genossenschaft sei es, ihren Mitgliedern Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Bei Ausscheiden eines Mitglieds und Bedarf anderer Genossenschafter an der Wohnung des ausgeschiedenen Mitglieds kann die Wohnungsgenossenschaft unter Beachtung des Einzelfalles eine Kündigung des Dauernutzungsverhältnisses (Mietverhältnis) aus berechtigtem Interesse ausbringen. Ob der Hinweis an Wohnungsgenossenschaften, dem Mitglied die Möglichkeit einzuräumen, aus dem unpfändbaren Teil seines Einkommens eine neue Mitgliedschaft zu erwerben eine Lösungsvariante für Mitglieder und betroffene Wohnungsgenossenschaften darstellt, bleibt abzuwarten.