Zum 1. April 2008 trat das neue Gesetz zur Vaterschaftsfeststellung in Kraft, dass Vaterschaftstests erleichtern soll. Zu diesem Thema hat der Fachanwalt für Familienrecht Thomas Börger einige komplizierte Fragen beim Telefonforum der DNN (Dresdner Neueste Nachrichten) in der vergangenen Woche beantwortet, die wir hier für Sie auszugsweise zusammengestellt haben.
Frage: Was muss ich nach dem neuen Gesetz unternehmen, wenn ich Zweifel an meiner Vaterschaft habe?
Antwort: Sie müssen zunächst die Mutter und das Kind schriftlich auffordern, in eine genetische Abstammungsuntersuchung einzuwilligen, d. h. einem Vaterschaftsgutachten zuzustimmen. Wird die Zustimmung nicht erteilt, müssen Sie beim Familiengericht einen Antrag auf Einwilligung in die Untersuchung und Duldung einer Entnahme einer für die Untersuchung geeigneten genetischen Probe einreichen. Das Gericht ersetzt dann im Regelfall, wenn nicht eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohls des minderjährigen Kindes vorliegt, die Einwilligung und ordnet die Duldung einer Probeentnahme an. Zuständig ist das Gericht am Wohnsitz des Kindes. Für minderjährige Kinder wird ein Ergänzungspfleger bestellt. Das Gericht wird in aller Regel die Einwilligung ersetzen und die Duldungsverpflichtung aussprechen. Dann wird ein Vaterschaftsgutachten eingeholt werden und Sie werden Klarheit über die Vaterschaft erhalten.
Frage: Kann ich nach dem neuen Gesetz feststellen lassen, ob ich der biologische Vater meines Kindes bin, ohne die Vaterschaft gleich anfechten zu müssen?
Antwort: Ja. Das neue Gesetz eröffnet gerade diese Möglichkeit. Sollte sich herausstellen, dass Sie nicht der Vater sind, müssen Sie nicht die Vaterschaft anfechten. Bislang bestand nur die Möglichkeit einer Anfechtungsklage. Stellte sich hierbei heraus, dass der rechtliche Vater nicht der biologische ist, wurde zwangsläufig die rechtliche Beziehung zwischen Vater und Kind gelöst. Durch das neue Gesetz soll die Möglichkeit eröffnet werden, sich Klarheit über die Vaterschaft zu verschaffen. Sie können dann entscheiden, ob Sie trotzdem rechtlicher Vater des Kindes bleiben wollen oder die Vaterschaft anfechten. Es bleibt aber bei der zweijährigen Anfechtungsfrist für eine Vaterschaftsanfechtungsklage. Das vorgeschaltete Klärungsverfahren hemmt aber die zweijährige Anfechtungsfrist. Anders, als ursprünglich vorgesehen, eröffnet das neue Gesetz aber keine erneute zweijährige Anfechtungsfrist. In über 80% der Fälle wird die Vaterschaft im Übrigen bestätigt.
Frage: Ist es richtig, dass auch Behörden die Vaterschaft anfechten können?
Antwort: Das ist richtig. Nach § 1600 Abs. 5 BGB n. F. sind Behörden anfechtungsberechtigt. Diese Regelung wurde aufgenommen, weil sich in der Vergangenheit Fälle gemehrt haben, in denen insbesondere zum Zwecke des Erhaltes einer Aufenthaltserlaubnis Vaterschaften anerkannt wurden, wissend, dass der Anerkennende nicht der Vater des Kindes ist. Diesem Missbrauch soll durch diese Anfechtungsmöglichkeit Einhalt geboten werden. Die Anfechtungsfrist beträgt hier lediglich ein Jahr und setzt voraus, dass zwischen dem Kind und dem Anerkennenden keine sozial-familiäre Beziehung besteht.
Frage: Ich hatte ein Verhältnis mit einer verheirateten Ehefrau. Jetzt rief sie mich an und teilte mir mit, dass ich vermutlich Vater eines in der Ehe geborenen Kindes sei. Was kann mir jetzt passieren?
Antwort: Wenn ein Kind innerhalb der Ehe geboren wird, gilt der Ehemann kraft Gesetzes als Vater, selbst wenn er nicht der biologische Vater sein sollte. Der Ehemann könnte nun, sollte er erst jetzt oder erst innerhalb der letzten zwei Jahre erfahren haben, dass er möglicherweise nicht Vater des Kindes ist, die Vaterschaft anfechten. Erst dann würde das Kind rechtlich nicht mehr als Kind des Ehemannes gelten. Dann bestünde die Möglichkeit, dass die Mutter Sie auffordert, die Vaterschaft anzuerkennen. Geschieht dies nicht, könnte eine Vaterschaftsfeststellungsklage gegen Sie erhoben werden. Sollte sich dann herausstellen, dass Sie der Vater des Kindes sind, würden Sie als Vater festgestellt. Eine freiwillige Anerkennung der Vaterschaft sollte aber nur dann erfolgen, wenn Sie absolut sicher sein können (im Zweifel durch ein außergerichtlich eingeholtes Vaterschaftsgutachten), dass Sie Vater des Kindes sind.
Frage: Ich weiß, dass ich Vater eines Kindes bin. Die Mutter ist verheiratet. Das Kind wurde in der Ehe geboren. Kann ich meine Vaterschaft feststellen lassen?
Antwort: Rechtlich gilt der Ehemann als Vater des Kindes, da es in der Ehe geboren wurde, selbst wenn er nicht Vater des Kindes ist. Früher war dem sogenannten biologischem Vater jede Möglichkeit verwehrt, die sogenannte Scheinvaterschaft eines anderen Mannes anzufechten. Seit April 2004 kann auch der biologische Vater die Vaterschaft anfechten. Die Anfechtung ist aber nur dann zulässig, wenn zwischen dem Kind und seinem rechtlichen Vater keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt seines Todes bestanden hat und der Anfechtende tatsächlich leiblicher Vater des Kindes ist. Besteht eine solche familiäre Beziehung, ist ein Anfechtungsrecht nicht gegeben. Der familiäre Frieden soll hierdurch geschützt werden.
Frage: Erst nach vielen Jahren habe ich erfahren, dass ich Vater eines Kindes bin. Ich wurde gerichtlich als Vater festgestellt. Muss ich für das Kind Unterhalt zahlen?
Antwort: Ja. Wenn das Kind unterhaltsbedürftig ist, sind Sie als Vater verpflichtet, Kindesunterhalt zu zahlen, Ihre Leistungsfähigkeit vorausgesetzt. Diese Verpflichtung besteht sogar rückwirkend ab der Geburt des Kindes. Auch ist ein sogenannter Scheinvater-Regress denkbar. Der Scheinvater kann Sie, wenn er in der Vergangenheit Kindesunterhalt geleistet hat, auf Rückzahlung in Anspruch nehmen.
Frage: Meine Tochter wurde mittels Samenspende eines Dritten gezeugt, da ich leider nicht zeugungsfähig bin. Jetzt wurde meine Ehe geschieden und ich habe keinen Kontakt mehr zu meiner Tochter. Kann ich die Vaterschaft anfechten, denn ich bin ja nicht Vater des Kindes?
Antwort: Nein, das können Sie nicht. § 1600 BGB bestimmt ausdrücklich, dass, für den Fall, dass das Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt wurde, die Anfechtung der Vaterschaft durch den Mann oder die Mutter ausgeschlossen ist. Diese Vorschrift wurde aufgenommen, nachdem durch den medizinischen Fortschritt derartige heterologische Inseminationen immer häufiger vorgenommen wurden. Das Anfechtungsrecht des Kindes selbst ist vom Ausschluss nicht betroffen.