Oftmals haben Erblasser eine Kopie des Originaltestamentes gefertigt und die Kopie Angehörigen oder ihrem Rechtsanwalt ausgehändigt. Für die im Testament begünstigten Personen stellt sich dann die Frage, ob sie – bei Nichtauffindbarkeit des Originaltestamentes – allein aufgrund der Fotokopie des Testamentes einen Erbschein auf Antrag erhalten können? Verfahrensbeteiligte, wie z. B. die in der Kopie des Testamentes enterbten, gesetzlichen Erben behaupten im Rahmen eines dann laufenden Erbscheinsverfahrens oftmals, dass aus der Nichtauffindbarkeit des Originaltestamentes die Schlussfolgerung gezogen werden müsse, dass der Erblasser noch selbst das Originaltestament vernichtet und damit widerrufen hätte.
Das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg hat in seinem Beschluss vom 03.01.2019 (Az.: 2 W 45/18) einen vergleichbaren Fall entschieden. Im Erbscheinsverfahren ist die Gültigkeit des Testamentes von Amts wegen zu prüfen. Die Beweislast für die formwirksame Errichtung eines handschriftlichen Testamentes trägt jedoch der Antragsteller im Erbscheinsverfahren – in aller Regel ein Begünstigter des lediglich in Kopie vorliegenden Testamentes – mit der Folge, dass bei nicht aufzuklärenden Zweifeln an der Gültigkeit des Testamentes der Erbscheinserteilungsantrag zurückgewiesen werden muss.
Ist die Vorlage des Originaltestamentes nicht möglich, so darf der im Testament Bedachte auf andere zulässige Beweismittel – wie etwa auf Zeugen oder die Vorlage einer Durchschrift oder Ablichtung des Originaltestamentes – zurückgreifen, § 352 Abs. 3 S. 2 FamFG. Für die Wirksamkeit eines Testamentes kommt es nicht auf den Fortbestand der Urkunde an. Ein Testament, das ohne Willen des Erblassers verloren ging, vernichtet oder aus sonstigen Gründen nicht auffindbar ist, bleibt gültig!
Der Antragsteller muss im Erbscheinserteilungsverfahren neben dem Inhalt der testamentarischen Urkunde auch nachweisen, dass dieses Testament formgerecht errichtet wurde. Der Antragsteller muss also nachweisen, dass der Erblasser das nicht auffindbare Testament persönlich mit der Hand geschrieben und anschließend unterschrieben hat. Will der Antragsteller den Inhalt und die formwirksame Errichtung des Originaltestamentes mit anderen Beweismitteln nachweisen, sind allerdings nach ständiger Rechtsprechung daran strenge Anforderungen zu stellen. Aussagen von Zeugen, die das Originaltestament nicht persönlich gesehen haben, reichen für die Beweisführung in der Regel nicht aus. Wird der Nachweis des Testamentes mit Hilfe einer Kopie der Originalurkunde geführt, bedarf es vom Gericht einer besonders sorgfältigen Ermittlung, weil angesichts der Fortschritte der Kopiertechnik Vorsicht geboten ist. Das OLG Hamburg hat in seinem oben genannten Beschluss entschieden:
- Von einer vorgelegten Testamentskopie kann ein Erbrecht nicht abgeleitet werden. Vielmehr gelten für diesen Fall strenge Anforderungen an den Nachweis der Existenz eines entsprechenden Originals.
- Eine Kopie des Originaltestamentes kann als Nachweis aber ausreichen, wenn die formgerechte Errichtung des Originaltestamentes nachgewiesen werden kann.
- Im Fall der Unauffindbarkeit eines Testamentes besteht keine Vermutung dafür, dass es vom Erblasser selbst vernichtet wurde und deshalb gem. § 2255 BGB als widerrufen anzusehen ist.
Deshalb folgender Hinweis: Personen, die ein handschriftliches Testament errichten, ist dringend anzuraten, das Originaltestament beim örtlichen Nachlassgericht in die amtliche Verwahrung zu geben! Die Kosten dafür sind eher gering. Das Nachlassgericht registriert das Originaltestament auch von Amts wegen beim Zentralen Testamentsregister in Berlin. Auch die Kosten dafür sind eher gering. Durch die Hinterlegung und die Registrierung wird sichergestellt, dass – unabhängig davon, wo der Erblasser später verstirbt – das Originaltestament aufgefunden und so zeitnah der beantragte Erbschein erteilt werden kann.