Das Landgericht Koblenz hatte folgenden Sachverhalt zu entscheiden:
Die Parteien des Rechtsstreites sind Geschwister. Diese hatten nach dem Tod der Mutter mit dem Vater einen Erbauseinandersetzungs- und Übertragungsvertrag beurkunden lassen. Die Klägerin erhielt ein Grundstück im Wert von 150.000 Euro. Sie verzichtete daraufhin in dem Vertrag auch bereits auf Pflichtteilsansprüche nach dem Tod des Vaters. Der Vater hatte vor Abschluss des Vertrages im Erbscheinsverfahren der verstorbenen Mutter bzw. seiner Ehefrau erklärt, dass kein Vermögen im Ausland vorhanden sei. Nach seinem Tod stellte sich jedoch heraus, dass auf einem ausländischen Konto ein Vermögen von ca. 750.000 Euro vorhanden war. Die Klägerin erklärte gegenüber dem beklagten Erben des Vaters die Anfechtung des Pflichtteilsverzichtes wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB und machte ihr Pflichtteilsrecht geltend. Sie trug vor, dass sie davon ausgegangen sei, dass neben dem ihr übertragenen Grundstück ausschließlich inländisches Kontenvermögen von ca. 160.000 Euro vorhanden war. Der beklagte Erbe berief sich auf eine Kenntnis der Klägerin über das ausländische Vermögen. Diese Kenntnis konnte ihr im Rahmen der durchgeführten Beweisaufnahme jedoch nicht nachgewiesen werden.
Das Landgericht hat entschieden, dass die Klägerin nach dem Tod des Vaters eine Anfechtung des Pflichtteilsverzichtes zwar nicht mehr erklären könne. Das Landgericht Koblenz bejahte jedoch entweder einen Wertersatzanspruch in Höhe des entgangenen Pflichtteils oder einen Anspruch aus vertraglicher Pflichtverletzung. Die Klägerin könne also zunächst Auskunft über den Nachlassbestand verlangen. Sie sei so zu stellen, als ob sie nicht auf ihren gesetzlichen Pflichtteil und die damit verbundenen Auskunftsansprüche verzichtet hätte.
Fazit: Diese Entscheidung des Landgerichtes Koblenz hat erhebliche praktische Bedeutung. Vor Abschluss eines Erb- oder Pflichtteilsverzichtes muss danach wahrheitsgemäß Auskunft über die wesentlichen Vermögenswerte erteilt werden. Diese Entscheidung des Landgerichtes Koblenz zeigt weiter, dass die Vertragsparteien sich vor Beurkundung über mögliche Auskunftsverpflichtungen beraten lassen sollten. Gleichzeitig offenbart diese Entscheidung, dass auch nach Abschluss einer notariellen Vereinbarung nicht zwangsläufig Rechtsfrieden einkehrt. Vereinbarungen über Erbauseinandersetzungen, Erb- oder Pflichtteilsverzichte sollten so klar formuliert sein, dass anschließend keine Streitigkeiten über deren Auslegung oder Geschäftsgrundlagen geführt werden müssen.
Es wird wieder einmal deutlich, dass gerade in erbrechtlichen Angelegenheiten zumindest eine mit geringfügigen Kosten verbundene Erstberatung durch einen Fachanwalt für Erbrecht in Anspruch genommen werden sollte. Einem beurkundenden Notar als neutraler Beurkundungsperson ist es schließlich untersagt, einseitig im Interesse eines Beteiligten zu beraten.