Aktuelle gerichtliche Leitsätze aus dem Erbrecht

Erbrecht

Sicher besonders interessant sind die folgenden Entscheidungssätze deutscher Gerichte aus dem Erbrecht, wie z. B.:

  • Deine und unsere Kinder
  • Der "schlechte" Testamentsvollstrecker
  • Der "billige" Testamentsvollstrecker
  • Das unauffindbare Testament
  • ...

1. Deine und unsere Kinder

Bezeichnen die Eheleute nur die gemeinsamen Kinder im täglichen Sprachgebrauch als „unsere Kinder“ und die Kinder aus früheren Ehen als die Kinder des jeweiligen Ehepartners, ist eine testamentarische Zuwendung der Ehegatten an „unsere Kinder“ dahingehend zu verstehen, dass lediglich die gemeinsamen Kinder gemeint sind (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.08.2018, Az.: 3 Wx 6/18).

2. Der „schlechte“ Testamentsvollstrecker

Eine grobe Pflichtverletzung, die die Entlassung eines Testamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht gemäß § 2227 BGB rechtfertigt, ist anzunehmen, wenn der Testamentsvollstrecker die testamentarischen Anordnungen des Erblassers in relevanter Weise missachtet und ein Vermächtnis nicht oder nur zögerlich erfüllt (OLG Rostock, Beschluss vom 25.07.2018, Az.: 3 W 158/17).

3. Der „billige“ Testamentsvollstrecker

Das Nachlassgericht muss einer testamentarischen Anregung auf Bestellung eines Ersatztestamentsvollstreckers nicht zwingend nachkommen, sondern kann von der Bestellung absehen, wenn die Höhe der testamentarisch festgelegten Vergütung für neutrale Dritte unattraktiv ist und die Erben so zerstritten sind, dass von der Bestellung keine befriedende Wirkung zu erwarten ist (OLG Hamburg, Beschluss vom 04.07.2018, Az.: 2 W 32/18).

4. Das unauffindbare Testament

Das nicht mehr vorhandene Testament ist nicht allein wegen seiner Unauffindbarkeit ungültig. Vielmehr können Form und Inhalt mit allen zulässigen Beweismitteln festgestellt werden. Es besteht im Falle der Unauffindbarkeit eines Testaments insbesondere auch keine Vermutung dafür, dass es vom Erblasser vernichtet wurde und deshalb als widerrufen anzusehen wäre (OLG Köln, Beschluss vom 19.07.2018, Az.: 2 Wx 261/18).

5. Der gebundene Ehegatte

Eine in einem gemeinschaftlichen Testament enthaltene Klausel, der zur Folge der Überlebende „über das Erbe der oder des Erstversterbenden frei verfügen kann“ bezieht sich beim Fehlen von Anhaltspunkten für eine abweichende Auslegung nur auf die Verfügungsbefugnis unter Lebenden und steht daher einer die Schlusserben beschränkenden Anordnung einer Testamentsvollstreckung durch den Überlebenden entgegen (OLG Hamburg, Beschluss vom 13.02.2018, Az.: 2 W 22/17).
(Anmerkung: Hinter dieser Entscheidung steht der Umstand, dass auch in dem dort entschiedenen Falle im Regelfall wegen der Bindungswirkung eines gemeinschaftlichen, ehelichen Testamentes abweichende Verfügungen des überlebenden Ehegatten nicht möglich sind).

6. Vorsicht beim Pflichtteil

Mit der Pflichtteilstrafklausel („Macht einer der Abkömmlinge seinen Pflichtteilsanspruch nach dem erstversterbenden Elternteil geltend, soll er auch hinsichtlich des letztversterbenden Ehegatten lediglich einen Pflichtteil erhalten.“) wollen die gemeinschaftlich testierenden, sich gegenseitig als Erben und ihre Abkömmlinge als Schlusserben einsetzenden Ehegatten sicherstellen, dass den Überlebenden bis zu seinem Tod der Nachlass ungeschmälert verbleibt und er nicht durch das Pflichtteilsverlangen eines Schlusserben gestört wird. Ein Verstoß gegen die Pflichtteilsstrafklausel liegt also bereits dann vor, wenn der Pflichtteilsberechtigte den Pflichtteil in Kenntnis der Pflichtteilsstrafklausel ernsthaft geltend macht. Die erfolgreiche Durchsetzung, gar gerichtliche Durchsetzung des Pflichtteilsanspruches ist dafür nicht erforderlich (OLG Köln, Beschluss vom 27.09.2018, Az.: 2 Wx 314/18).

7. Hemmung der Verjährung

Der im Rahmen einer Stufenklage von den Pflichtteilsberechtigten geltend gemachte Anspruch auf Auskunft durch Vorlage eines privatschriftlichen Nachlassverzeichnisses hemmt grundsätzlich auch die Verjährung des Anspruches auf Auskunft durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses (BGH, Urteil vom 31.10.2018, Az.: IV ZR 313/17).

8. Facebook

Der Nutzungsvertrag eines verstorbenen Facebook-Nutzers geht gemäß gesetzlicher Erbfolge auf die Erben über, und zwar unabhängig davon, ob es sich um höchst persönliche oder vermögensrechtliche Inhalte handelt. Die Erben haben daher ein Zugangsrecht zum Inhalt des Facebook-Accounts des Verstorbenen (BGH, Urteil vom 12.07.2018, Az.: III ZR 183/17).

9. Nochmal Verjährung

Streiten Erbanwärter über die Wirksamkeit eines Testamentes, durch das frühere Testamente widerrufen worden sind, die unter anderem ein Vermächtnis enthalten, beginnt die Verjährungsfrist zur Geltendmachung des Vermächtnisses für den Vermächtnisnehmer nicht, bevor im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung die Beweisaufnahme über die Echtheit des späteren Testamentes und die Testierfähigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt seiner Errichtung nicht abgeschlossen ist (OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.01.2018, Az.: 7 U 75/17).


Es sei darauf hingewiesen, dass die vorstehend wiedergegebenen Leitsätze in ihrem Verständnis immer und ausschließlich im Zusammenhang mit den übrigen Inhalten der genannten Entscheidungen zu betrachten sind.

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