Wer krank ist, ist krank. Und wer krank ist, ist in der Regel auch arbeitsunfähig, sodass die Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung erst wieder mit der Genesung eintritt. Innerhalb der ersten sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit hat der Arbeitgeber deswegen Entgeltfortzahlung zu leisten.
Manchmal ist es allerdings so, dass derjenige, der seinem Arbeitgeber einen gelben Schein überreicht, nicht wirklich krank ist, sondern vielmehr ein verlängertes Wochenende genießt, also blau macht.
Für den Arbeitgeber ist es in der Regel schwer, die tatsächlich Kranken von den eingebildeten Kranken zu unterscheiden. Bei begründeten Zweifeln kann der Arbeitgeber von der Krankenkasse gem. § 275 I SGB V eine gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes verlangen.
Nicht selten kommt es allerdings vor, dass der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer über die Wahrhaftigkeit seiner Erkrankung nicht mal im Ungewissen gelassen wird: Bei der Ankündigung unliebsamer Aufgaben oder unangenehmer Arbeitsbedingungen wird schon mal gern mitgeteilt, dass man dann in diesem Falle „krank“ werde.
Das Bundesarbeitsgericht hatte am 12.03.2009 über einen solchen Fall zu entscheiden:
Ein Arbeitnehmer beantragte am 24. Mai – einem Dienstag – die Gewährung von Urlaub für Freitag, den 27. Mai. Hintergrund war, dass am Donnerstag, den 26. Mai wegen eines gesetzlichen Feiertages frei war, der Arbeitnehmer wollte also hier noch den sogenannten Brückentag nehmen. Am 25. Mai wurde ihm durch seinen Arbeitgeber mitgeteilt, dass der Urlaub nicht gewährt werde: Die bislang noch nicht abgeschlossenen Jahresabschlussarbeiten duldeten keinen Aufschub. In der darauf folgenden Diskussion wies der Arbeitnehmer den Arbeitgeber darauf hin, dass seine Frau schon alles gepackt habe – man wolle wegfahren – und was er, der Arbeitgeber, machen würde, wenn er, der Arbeitnehmer nun plötzlich krank werden würde? Der Urlaub wurde gleichwohl nicht gewährt. Der Arbeitnehmer suchte daraufhin am selben Tag einen Arzt auf und reichte noch am 25. Mai um 13 Uhr einen Krankenschein ein.
Als der Arbeitnehmer am Freitag, den 27. Mai nicht zur Arbeit erschien, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos aus wichtigem Grund. Der Arbeitnehmer verteidigte sich gegen die Kündigung mit dem Argument, dass er am 25. Mai tatsächlich krank geworden sei – die Auseinandersetzung mit seinem Arbeitgeber habe ihn so aufgewühlt, dass es ihm dann auch körperlich schlecht gegangen sei. Deswegen sei er dann auch zum Arzt gegangen.
Das Bundesarbeitsgericht hat hier entschieden, dass die fristlose Kündigung rechtsmäßig gewesen sei. Die Ankündigung einer zukünftigen, im Zeitpunkt der Ankündigung nicht bestehenden Erkrankung stelle einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 BGB dar, die den Ausspruch einer fristlosen Kündigung rechtfertige. Dies sei auch dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer dann tatsächlich erkranke. Die Pflichtwidrigkeit sei nämlich bereits darin zu sehen, dass der Arbeitnehmer mit einer solchen Erklärung zum Ausdruck bringe, er sei notfalls bereit, seine Rechte aus dem Entgeltfortzahlungsrecht zu missbrauchen, um sich einen unberechtigten Vorteil zu verschaffen. Durch dieses Verhalten werde das Vertrauen des Arbeitgebers in die Redlichkeit und Loyalität des Arbeitnehmers in so schwerwiegender Weise beeinträchtigt, dass der Ausspruch einer fristlosen Kündigung ohne eine vorherige Abmahnung berechtigt sei.