Grundsätzlich ist das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) klar und eindeutig und regelte den Urlaubsverfall unmissverständlich. Der Jahresurlaub muss gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG im laufenden Kalenderjahr genommen werden, eine Übertragung in das Folgejahr, dann bis maximal bis zum 31. März, bedarf entweder eines sachlichen Grundes, einer individuellen oder einer tarifvertraglichen Vereinbarung –ansonsten verfällt der nicht in natura genommen Urlaub ersatzlos. Sondertatbestände wie Elternzeit oder Mutterschutz außen vorgelassen.
Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 19.02.2019 (Az.: 9 AZR 541/15) nunmehr seine bisherige Rechtsprechung an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes sowie die Arbeitszeitrichtlinie (RL 2003/88/EG) angepasst und damit die bisherig angewandte, dem geltenden Bundesurlaubsgesetz entnommene, Systematik abgeändert.
Die Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichtes hierzu lautet auszugsweise: „Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub erlischt in der Regel nur dann am Ende des Kalenderjahres, wenn der Arbeitgeber ihn zuvor über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.“
Das heißt, das nunmehr Urlaub nicht mehr automatisch durch bloßen Zeitablauf verfällt. Arbeitgeber müssen die Arbeitnehmer ausdrücklich auf den drohenden Urlaubsverfall hinweisen und das zu einer Zeit, in welcher der Urlaub auch tatsächlich noch genommen werden kann; der Arbeitnehmer muss sodann aus freien Stücken auf die Urlaubsnahme verzichten. Das bedeutet für die Arbeitgeberseite, dass zukünftig eigener, aktiver Aufwand betrieben werden muss, um die Arbeitnehmer auf Urlaubsnahme und Urlaubsverfall hinzuweisen.
Die Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichtes teilt hierzu mit: „Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist der Arbeitgeber gehalten, „konkret und in völliger Transparenz dafür zu sorgen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, indem er ihn – erforderlichenfalls förmlich – auffordert, dies zu tun“. Der Arbeitgeber hat klar und rechtzeitig mitzuteilen, dass der Urlaub am Ende des Bezugszeitraums oder eines Übertragungszeitraums verfallen wird, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht nimmt.“
Dies, zwar nicht vorgeschrieben aber für den möglichen Streitfall ratsam, sollte der Arbeitgeber in schriftlicher Form nebst Zugangsbestätigung vornehmen.
Unklar ist derzeit, wie als verfallen angesehene Urlaubsansprüche aus den Vorjahren unter dem Licht der geänderten Rechtsprechung behandelt werden.
Für die Arbeitnehmerseite bedeutet die geänderte Rechtsprechung hingegen, dass vermeintlich verfallene Urlaubstage aus den letzten Jahren unter dem Aspekt der aktuellen Rechtsprechung nochmals überprüft werden und geltend gemacht werden sollten.