Tag für Tag stellen Anbieter bei dem Internetauktionshaus eBay Artikel zum Verkauf ein. Gelegentlich kommt es dabei vor, dass Auktionen vor Ablauf der Angebotsfrist beendet werden.
In den letzten Monaten hatte sich zunächst der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 08.06.11, Az.: VIII ZR 305/10) und anschließend auch ein Amtsgericht (AG Nürtingen, Urteil vom 16.01.12, Az.: 11 C 1881/11) mit derartigen Fällen zu beschäftigen.
In dem vom BGH zu entscheidenden Fall hatte ein Anbieter eine Kamera eingestellt, welche ihm während der Auktionslaufzeit gestohlen wurde und daher nicht mehr zum Verkauf zur Verfügung stand. Daraufhin hatte der Anbieter die Auktion vorzeitig beendet. Der Höchstbietende der Auktion verlangte nach vergeblicher Aufforderung zur Erfüllung Schadensersatz in Höhe des Differenzbetrages zwischen dem gebotenem Betrag und dem objektiven Marktwert der Kamera.
Der BGH bestätigte die Vorinstanzen dahingehend, dass in dieser Konstellation dem Höchstbietenden kein Anspruch auf Schadensersatz zusteht.
In seiner Entscheidung stellte der BGH zunächst erneut klar, dass das Einstellen eines Artikels bei eBay entsprechend § 10 I der eBay-AGB (http://pages.ebay.de/help/policies/user-agreement.html) grundsätzlich ein verbindliches Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrages darstellt. Dieser kommt am Ende der Auktion mit dem Höchstbietenden zustande. Jedoch hat der BGH auch Ausnahmen aufgezeigt.
Für den Fall der vorzeitigen Beendigung regeln die AGB, dass „bei Ablauf der Auktion oder bei vorzeitiger Beendigung des Angebots durch den Anbieter […] zwischen Anbieter und Höchstbietendem ein Vertrag über den Erwerb des Artikels zustande [kommt], es sei denn der Anbieter war gesetzlich dazu berechtigt das Angebot zurückzunehmen […].“
Dem Wortlaut entsprechend wäre eine Berechtigung zur Rücknahme nur aufgrund gesetzlicher Bestimmungen möglich. Gesetzlich ist lediglich eine Anfechtung des Angebots wegen eines Irrtums bei der Erstellung der Auktion möglich.
Der BGH hat nun aber in Auslegung dieser AGB festgestellt, dass ein Fall der berechtigten Angebotsrücknahme auch dann vorliegt, wenn der Verkäufer die Auktion aufgrund eines der auf den eBay-Hilfeseiten gegebenen Hinweise zum vorzeitigen Beenden einer Auktion genannten Gründe (http://pages.ebay.de/help/sell/end_early.html) stützen kann.
eBay gibt dort drei Varianten vor, in denen eine vorzeitige Beendigung möglich ist, nämlich wenn „der Artikel verloren gegangen, beschädigt oder anderweitig nicht mehr zum Verkauf verfügbar“ ist.
In dem dem BGH vorliegenden Fall stellte er fest, dass wegen des Diebstahls der Kamera die vorzeitige Beendigung berechtigt war und es daher nicht zu einem Vertrag zwischen Anbieter und Höchstbietenden kam.
Offen ist jedoch, wie weit diese Entscheidung reicht. Unklar ist nach wie vor, welche Fälle unter die anderen Varianten fallen. Nicht entschieden hat der BGH beispielsweise, ob auch der Verkauf eines angebotenen Artikels außerhalb von eBay eine solche Berechtigung darstellen kann.
So lag der Fall, den kürzlich das Amtsgericht Nürtingen zu entscheiden hatte. Dort hatte ein Verkäufer vier Winterreifen zum Verkauf bei eBay eingestellt und diese vor Ablauf der Auktion außerhalb von eBay weiterverkauft. Auch dieser Verkäufer beendete daraufhin die Auktion vorzeitig.
Ein Unterschied zum Fall des BGH liegt darin, dass der Anbieter mit dem Weiterverkauf selbst dafür gesorgt hat, dass der Artikel nicht mehr zum Verkauf zur Verfügung stand.
Der Anbieter berief sich hier auf die oben genannte Entscheidung des BGH und verwies darauf, dass auch in seinem Fall eine vorzeitige Beendigung berechtigt gewesen sei, da der Artikel schließlich im Einklang mit den eBay-Hilfeseiten "nicht mehr zum Verkauf zur Verfügung" stünde.
Das Amtsgericht Nürtingen hat die vom BGH aufgestellten Grundsätze in seinem Urteil nun allerdings dahingehend eingeschränkt, dass eine Berechtigung zur vorzeitigen Beendigung nicht gegeben ist, wenn der Verkäufer den Grund der vorzeitigen Beendigung selbst herbeiführt. Das Amtsgericht begründet dies damit, dass andernfalls die grundlegenden Spielregeln von eBay unterlaufen würden.
Dementsprechend hat das AG Nürtingen in seinem Fall einen wirksamen Vertragsschluss mit dem zum Zeitpunkt des Abbruchs Höchstbietenden angenommen und diesem einen Schadensersatzanspruch zugestanden.
Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung des Falles und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung hat das Amtsgericht allerdings die Berufung zugelassen.
Der Entscheidung des Amtsgerichts ist beizupflichten.
Könnte sich der Anbieter aufgrund eines Weiterverkaufs außerhalb von eBay einfach von seiner Auktion lösen, würde das Angebot praktisch unverbindlich und damit die Funktionsweise einer Internetauktion völlig unterlaufen. Grundlage einer eBay-Auktion ist es, dass der Anbieter, solange seine Auktion läuft, den Artikel nicht parallel anbietet oder anderweitig weiterveräußert. Darauf muss der Bieter vertrauen können.
Was bedeutet das für Sie?
Als Verkäufer sollten Sie sich genau überlegen, ob und zu welchem Startpreis Sie einen Artikel bei eBay einstellen. Nicht empfehlenswert ist es, einen Artikel während der Dauer der Auktion anderweitig zu verkaufen. Sie sind – die genannten Ausnahmen ausgenommen – an Ihr Angebot gebunden.
Sind Sie zum Zeitpunkt des Abbruchs einer Auktion hingegen der Höchstbietende sollten Sie prüfen, ob der Verkäufer überhaupt zur vorzeitigen Beendigung berechtigt war. Ist dies nicht der Fall, steht Ihnen gegebenenfalls ein Anspruch auf Schadensersatz zu.
Sollten Sie jedoch – wie beim eBay-Kauf üblich – eine Auktion lediglich beobachten um erst in letzter Sekunde Ihr Gebot abzugeben, ist Ihnen mit dieser Rechtsprechung leider nicht geholfen. Vor Abgabe eines Gebotes entsteht kein Rechtsverhältnis, aus dem sich die vorgenannten Ansprüche herleiten lassen.