Gerichtsbesuch trotz Corona?

Aufgrund der Corona-Pandemie ist jeder dazu angehalten, physisch-soziale Kontakte zu anderen Menschen, mit Ausnahme der Angehörigen des eigenen Hausstandes, auf das absolut nötige Minimum zu reduzieren. Deswegen untersagt die Sächsische Corona-Schutz-Verordnung (SächsCoronaSchVO) das Verlassen der Unterkunft ohne triftigen Grund.

Andererseits ist einer der wichtigsten Grundsätze des gerichtlichen Verfahrens, dass die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht einschließlich der Verkündung der Urteile und Beschlüsse öffentlich ist, § 169 Abs. 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG).

Öffentlich bedeutet, dass jedermann die Möglichkeit offenstehen muss, der mündlichen Verhandlung unmittelbar beizuwohnen.

Die Europäische Menschenrechtskonvention beinhaltet den Öffentlichkeitsgrundsatz in Art. 6 Abs. 1 in ähnlichen Worten:

„Jede Person hat das Recht darauf, dass über Streitigkeiten in bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden […].“

Nun stellt sich die Frage, ob die Teilnahme an einem öffentlichen gerichtlichen Verfahren ein triftiger Grund ist, die Unterkunft zu verlassen. Mit Blick auf die Sächsische Corona-Schutz-Verordnung finden sich in § 2 b eine Vielzahl von triftigen Gründen, die das Verlassen der Unterkunft ermöglichen.

Beim Lesen der triftigen Gründe fällt auf, dass diese vor allem die Grundrechte schützen sollen, wie beispielsweise Leib und Leben (Art. 2 Grundgesetz), Kindeswohl (Art. 6 Grundgesetz), Eigentum (Art. 14 Grundgesetz), Beruf (Art. 12 Grundgesetz), Schule (Art. 7 Grundgesetz) und Religion (Art. 4 Grundgesetz). § 2 b Nr. 12 der Sächsische Corona-Schutz-Verordnung regelt:

„Triftige Gründe sind die Teilnahme an […] oder Wahrnehmung von Terminen der Behörden, Gerichte […]; dazu gehören auch die Teilnahme an öffentlichen Gerichtsverhandlungen […]. Die Teilnahme an öffentlichen Sitzungen und Terminen ist nach den geltenden Vorschriften zu gewährleisten.“

Die Sächsische Corona-Schutz-Verordnung stellt richtigerweise klar, dass man die Unterkunft für die Teilnahme an einer öffentlichen Gerichtsverhandlung verlassen darf. Im Übrigen ist dieser Klausel auch zu entnehmen, dass es ein triftiger Grund ist seine Unterkunft zu verlassen, wenn man einen Termin bei seinem Rechtsanwalt wahrnehmen will. Der Besuch der Anwaltskanzlei ist rechtskonform, dennoch sollte, um Kontakte zu vermeiden, telefonisch abgestimmt werden, ob es eines Besuches bedarf, oder ob die fernmündliche Absprache ausreichend ist.

Zurück

Hat Ihnen der Beitrag gefallen? Dann teilen Sie ihn doch mit anderen: