Raser können Mörder sein – BGH bestätigt Mordurteil um Berliner „Ku‘Damm-Raser“-Fall teilweise

 |  Verkehrsrecht

Die Karlsruher Richter hatten zum zweiten Mal über eine Revision der Angeklagten im sog. Ku´Damm-Raser-Fall zu urteilen. Bereits im ersten Urteil des Landgerichts Berlin wurden beide Angeklagten wegen Mordes verurteilt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte das erste Urteil aufgehoben und an das Landgericht Berlin zurückverwiesen, da die Feststellungen hinsichtlich des Vorsatzes der Angeklagten unzureichend waren.

Das Landgericht Berlin verurteilte beide Angeklagten erneut wegen Mordes. Nun hat der BGH die Entscheidung hinsichtlich des Haupttäters bestätigt. Die Verurteilung des weiteren Angeklagten wegen Mordes wurde jedoch aufgehoben und erneut an das Landgericht Berlin zurückverwiesen (Urteil v. 18.06.2020, Az.: 4 StR 482/19).

Im Februar 2016 kam es zwischen den Angeklagten zu einem spontanen Autorennen auf dem Berliner Kurfürstendamm. Sie missachteten eine Vielzahl von Ampeln. Kurz vor dem vereinbarten Ziel lag der nun rechtskräftig verurteilte Hauptangeklagte hinter dem weiteren Angeklagten, weshalb er seinen Wagen auf bis zu 170 km/h beschleunigte. Dabei kam es zu einer Kollision mit einem Jeep, der bei grün in eine Kreuzung fuhr. Der Fahrer des Jeeps verstarb in Folge der Kollision.

Die beiden Angeklagten wurden im Februar 2017 erstmals zu Mord verurteilt. Erstmalig in Deutschland wurden Autofahrer wegen eines Verkehrsunfalls zu Mord verurteilt. Aufgrund von Rechtsfehlern wurde das Urteil jedoch vom BGH aufgehoben. Im März 2019 erfolgte die erneute Verurteilung. Wieder wurden beide wegen Mordes schuldig gesprochen. Es folgte die erneute Revision beider Angeklagten.

Problematisch war in erster Linie die Feststellung des Vorsatzes. Hierbei muss die Eigengefährdung des Fahrers einbezogen werden, welche gegen die Annahme von Vorsatz spricht. Grundsätzlich muss man wohl davon ausgehen, dass der Fahrer darauf vertraut, dass es gut gehen werde. Er will natürlich nicht, dass ein Unfall passiert. Etwas anderes könne aber gelten, wenn das Fahrverhalten außergewöhnlich gefährlich war. Die neue Begründung des Landgerichts Berlins reicht dem BGH aber, um Mord annehmen zu können. Es sei tragfähig begründet worden, dass der Hauptangeklagte den Unfallhergang als möglich erkannte, aber davon ausging, dass ihm selbst nichts passieren werde.
Ferner bestätigte der BGH auch die rechtsfehlerfreie Feststellung der Mordmerkmale Heimtücke und niedrige Beweggründe.
Der BGH verwehrt sich jedoch gegen eine generelle Annahme von Mord bzw. vorsätzlichem Handeln bei Unfällen von Rasern mit tödlichem Ausgang. Es bedürfe immer einer Prüfung des Einzelfalls.

Der weitere Angeklagte wurde vom Landgericht Berlin zu einem mittäterschaftlichen Mord verurteilt. Sein Fahrzeug kollidierte nicht mit dem Jeep. Deshalb kritisierte der BGH die vom Landgericht Berlin vorgenommene mittäterschaftliche Zurechnung. Es gäbe keine Anhaltspunkte für einen gemeinsamen Tatplan der beiden Angeklagten für eine gemeinschaftliche Tötung. Das Landgericht Berlin wird hierzu erneut verhandeln müssen.

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